Prof. Dr. Matthias Herdegen

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Curriculum VitaeMatthias Herdegen

Matthias Herdegen ist Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Direktor am Institut für Völkerrecht der Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich des deutschen und ausländischen Staatsrechts, des Europarechts, des internationalen Wirtschaftsrechts, des Völkerrechts sowie im Recht der Biotechnologie.

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Cambridge wurde Matthias Herdegen 1983 in Heidelberg promoviert und 1989 habilitiert. Für seine Habilitationsschrift „Gewissensfreiheit und Normativität im positiven Recht“ erhielt er einen Sonderpreis für Staatsrecht des Bundesministeriums für Wissenschaft. Nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches Recht und Völkerrecht übernahm er eine Professur an der Universität Bonn und wenig später einen Lehrstuhl an der Universität Konstanz. Seit 1995 ist Matthias Herdegen Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht in Bonn. Er war Gastprofessor unter anderem an der New York University (Global Law School), der Universität Paris I (Sorbonne), der Universidad Autónoma de Mexico (UNAM) und der Universität Tel Aviv sowie adjunct professor der City University Hong Kong. 1995 wurde Matthias Herdegen Honorarprofessor an der Päpstlichen Universität Javeriana, Bogotá – zudem ist er Ehrenprofessor an der Universität Colegio Mayor de Nuestra Senora del Rosario, Bogotá. Er ist Direktor am Internationalen Lateinamerika-Zentrum der Universität Bonn, Geschäftsführender Mitherausgeber des Grundgesetz-Kommentars Maunz/Dürig und Mitglied des Human Rights Committee der International Law Association.

Matthias Herdegen war von Oktober 2012 bis April 2013, von Oktober 2013 bis März 2014 sowie von Oktober 2017 bis März 2018 Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“.

Forschungsprojekte während des Fellowaufenthalts am Käte Hamburger Kolleg "Recht als Kultur"

The International Law of Biotechnology:
Personhood and Human Rights, Risk Management and International Trade

The research project analyses how international law governs the use of modern biotechnology: human rights, health and environmental protection, international trade in biotech products, access to genetic resources and intellectual property rights.  The regulation of biotechnology is one of the legal fields which are particularly sensitive to the influence of ethical arguments as to the status of any form of human life as “person”, the preservation of a “natural” order and uncertainty of long-term effects associated with transgenic plants or animals. The major overarching issues relate to the perception or management of risks and protection of human rights. The range of regulatory approaches reflect different socio-cultural and economic conditions, different risk aversions and different receptivity to scientific standards. Human rights may protect or limit individual choices.  Controversies on the status of early forms of human life and the implications for human dignity appear on national, regional and global level. International trade law affects regulatory choices as to biotech protects, under WTO Law as well as under free trade agreements, as the current debate on mega-regional trade agreements (CETA, TTIP) demonstrates. In applying international treaties on human rights and international trade, international courts and other international bodies often preempt societal discourse or massively restrain democratically legitimated choices. The project thus addresses the interrelation between law and policy choices as well as the socio-cultural underpinnings of legal approaches.

Die Verfassungsablösung (Art. 146 GG in vergleichender Perspektive des Grundgesetzes)

Die Verfassungsablösung ist die zentrale Frage jeder Verfassungsordnung. Sie wird aber nur in wenigen Verfassungen zum Gegenstand einer ausdrücklichen Regel gemacht, welche eine legale Transition sichern soll. In Deutschland sind die Voraussetzungen für die Schaffung einer neuen Verfassung in rechtlicher Kontinuität zum Grundgesetz nach der Neufassung des Schlussartikels (Art. 146 GG) im Zuge der Wiedervereinigung völlig unklar. Insbesondere ist umstritten, ob auf dem Weg zu einer neuen Verfassung die Mehrheiten für eine Verfassungsänderung (Art. 79 Abs. 2 GG) zu beachten sind und ob eine neue Verfassung die unantastbaren Kerngehalte des Grundgesetzes (Art. 79 Abs. 3 GG) zu wahren hat. Im Zusammenhang mit der Bewältigung der Euro-Krise und einer möglichen Vertiefung der europäischen Integration wird seit einiger Zeit von Stimmen aus Politik und Staatsrechtslehre auf eine neue rechtliche Grundordnung verwiesen, welche anstelle des Grundgesetzes treten soll. Dabei ist – auch im Vergleich mit anderen Transformationsprozessen (etwa in Südafrika) – zu klären, inwieweit die verfassungsgebende Gewalt in Deutschland materiell-rechtlichen Bindungen unterliegt und welche Vorgaben das Grundgesetz für das Verfahren enthält.

Das Völkerrecht in einer globalisierten Welt - Pluralismus in einer internationalen Wertordnung

Die Entwicklung der Völkerrechtsordnung ist in jüngerer Zeit durch eine beachtliche Dynamik gekennzeichnet, die vor allem von den Menschenrechten und vom internationalen Wirtschaftsrecht ausgeht. Dabei kommt es zu einer – vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbaren – Einwirkung völkerrechtlicher Standards auf die innere Ordnung der einzelnen Staaten. Gegen damit verbundene Beschränkungen innerstaatlicher, auch demokratisch legitimierter Optionen wird im gegenwärtigen Diskurs wieder die „staatliche Souveränität“ als Argument ins Spiel gebracht. Bei dieser Entwicklung geht es vor allem um das Spannungsfeld zwischen universellen Prinzipien. Zu bedenken ist auch die notwendige Rückbindung einer Fortentwicklung völkerrechtlicher Maßstäbe des Gewohnheits- und Vertragsrechts an den hinreichend konkreten Konsens der Staaten. Aus materiell-rechtlicher Sicht ist schließlich zu untersuchen, inwieweit die Dynamik der völkerrechtlichen Entwicklung Elemente der good governance (einschließlich von Rationalität und Transparenz) und Verteilungsgerechtigkeit fördern. Ein zentrales Thema ist schließlich das Spannungsverhältnis von universellen und regionalen Standards einerseits und rechtkultureller Diversität andererseits (hierzu schon Herdegen, Legal Cultures between Self-Assertion and Universal Standards, in: Werner Gephart (Hrsg.), Rechtsanalyse als Kulturforschung, 2012, S. 181-192).

Publikationen (Auswahl)

  • Gewissensfreiheit und Normativität des positiven Rechts, Springer, Berlin, 1989.
  • Internationales Wirtschaftsrecht, C. H. Beck, München, 9. Aufl. 2011 (Übersetzungen ins Spanische, Chinesische und Japanische).
  • Europarecht, C. H. Beck, München, 14. Aufl. 2012 (Übersetzungen ins Polnische, Chinesische, Ukrainische und Ungarische).
  • Völkerrecht, C. H. Beck, München, 11. Aufl. 2012 (Übersetzung ins Spanische).
  • Internationale Praxis Gentechnikrecht, C. F. Müller, Heidelberg, 1996 ff.
  • Die Befugnisse des UN-Sicherheitsrates, C. F. Müller, Heidelberg, 1998.
  • Mitautor, Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz (Kommentierung von Art. 1, 25, 26, 27, 79, 88 GG).
  • Bankenaufsicht im Europäischen Verbund, De Gruyter, Berlin/New York, 2010.
  • Staat und Rationalität, Schönburger Gespräche zu Recht und Staat, Paderborn, Schoeningh, 2010.
  • Grenzen der Verfassungsgebung, in: Otto Depenheuer/Christoph Grabenwarter (Hrsg.), Verfassungstheorie, Mohr Siebeck, Tübingen, 2010, S. 349-372.
  • Global Governance und die Rolle des Staates, in: Hermann Weber (Hrsg.), Globale Mächte und Gewalten – Wer steuert die Welt?, Matthias-Grünewald –Verlag, Ostfildern, 2011, S. 25-32.
  • Der Beitrag des Internationalen Wirtschaftsrechts zu Good Governance und Rationalität des Staatshandelns; in: Thomas Giegerich (Hrsg.), Internationales Wirtschafts- und Finanzrecht in der Krise, Duncker & Humblot, Berlin, 2011, S. 229-239.
  • „Gewissensfreiheit“, in: Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band IV – Grundrechte in Deutschland, C. F. Müller, Heidelberg, 2011, S. 663 – 699.
  • International Economic Law, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Volume V, Oxford University Press, Oxford, 2012, S. 777-790.
  • Legal Cultures between Self-Assertion and Universal Standards, in: Werner Gephart (Hrsg.), Rechtsanalyse als Kulturforschung, Sonderdruck, Frankfurt am Main, 2012, S. 181-191.
  • Principles of International Economic Law, Oxford University Press, Oxford 2013.